Führung in KMU: Vom Zufallsprodukt zum Erfolgsfaktor

Die stille Herausforderung in wachsenden Unternehmen

Viele kleine und mittlere Unternehmen kennen das: Das Geschäft läuft, das Team wächst – und plötzlich gibt es mehr Führung als gedacht. Häufig kommen die Führungskräfte aus den eigenen Reihen: Top-Performer, die „mitgewachsen“ sind und Führung passiert dann fast nebenbei, weil Geschäftsführung und Teamleitungen tief im Tagesgeschäft stecken. Das funktioniert eine Zeit lang sehr gut, weil Fachkompetenz, Intuition, Nähe und Pragmatismus vieles ausgleichen können. Mit dem Wachstum steigt jedoch die Komplexität und Anforderungen an Führung. Rollen, Prozesse und Verantwortlichkeiten brauchen Klarheit und Professionalität. Gleichzeitig erwarten mitarbeitende Orientierung, Feedback und Unterstützung bei ihrer Entwicklung.

Führung war schon immer wichtig und für viele Unternehmen ein Erfolgsfaktor. Heute wird sie in vielen mittleren Unternehmen zunehmend geschäftskritisch, weil du in dynamischen Märkten mit Fachkräftemangel die Führungsrollen nicht mehr einfach nur nach Bauchgefühl besetzen kannst. Die Qualität von Führung beeinflusst direkt Motivation, Gesundheit und Leistung im Team. Wenn wir Führung dem Zufall überlassen, werden Chancen verspielt, menschlich genauso wie wirtschaftlich.

Vom Fachprofi zur Führungskraft: eine typische Entwicklung

In vielen Familienunternehmen verläuft der Weg ähnlich: Jemand glänzt fachlich, packt an, übernimmt mehr Verantwortung – und leitet irgendwann ein Team. Vorbereitung auf die Führungsrolle passiert viel seltener. Führung kommt sozusagen „on top“ zur Fachrolle. Das hat Tradition und funktioniert erstaunlich lange. Aber spätestens mit Wachstum oder auch in Nachfolgesituationen zeigt sich: Fachliche Stärke allein reicht nicht.

Die Rolle verändert sich gravierend. Wer früher operativ mitgearbeitet hat, muss heute motivieren, delegieren, koordinieren und bisweilen auch coachen. Trotzdem halten viele am Operativen fest oder kontrollieren zu viel – aus gutem Willen und mit dem Wissen, es gut zu können. Problematisch ist, dass das bei den Führungskräften zu Überlastung führt und im Team oft zu Unzufriedenheiten. In Wachstumsphasen ist es entscheidend, Verantwortungen neu zu verteilen, zu vertrauen und Raum für eigenständige Arbeit zu geben.

Ein ganz knappes Beispiel aus der Praxis: In einem Metallbetrieb hing jede Angebotsfreigabe am Produktionsleiter. Früher war er die beste Fachkraft. Wir haben klare Übergabepunkte erarbeitet und zwei Stellvertreter befähigt. Ergebnis: kürzere Durchlaufzeiten, weniger Stress, mehr Verlässlichkeit.

Vier Kompetenzfelder: Was gute Führung in KMU ausmacht

Wenn ich auf meine Projekte blicke, sind es vier Felder, in denen Führungskräfte wachsen können. Niemand muss überall perfekt sein, aber ein solides Fundament macht den Unterschied.

1) Fachliche Kompetenz – Fundament mit Tücken

Fachkompetenz schafft Glaubwürdigkeit und hilft bei Entscheidungen. Im Mittelstand folgen mitarbeitende eher jemandem, der das Tagesgeschäft versteht. Die Falle: im Detail hängenbleiben und das große Bild verlieren. Fachlichkeit ist wichtig, ersetzt Führung aber nicht.

2) Management-Kompetenz – Rahmen schaffen statt selbst machen

Organisation, Planung, Priorisierung, Delegation. Gute Führung schafft Struktur, klärt Ziele und Verantwortlichkeiten und sorgt dafür, dass Dinge zuverlässig passieren – ohne dass alles bei dir landet. Wer Management kann, nimmt sich bewusst Zeit für Führungsarbeit: Zielgespräche, Feedback, Schnittstellen klären.

3) Leadership – menschliche Kompetenz und Vertrauen

Hier geht es um Kommunikation, Motivation, Konfliktfähigkeit und Feedback. In Familienunternehmen zählen Beziehungen und Loyalität. Gute Führung baut Vertrauen auf, hört zu, gibt Orientierung und fördert Entwicklung. Das meiste ist erlernbar, durch Reflexion, Übung und ehrliches Feedback, das man selbst erhält.

4) Ethische Kompetenz – Haltung zeigen, Verantwortung übernehmen

Werte, Integrität, Vorbild. Tust du, was du sagst? Übernimmst du Verantwortung – auch wenn’s unangenehm wird? Diese Haltung zeigt sich im Alltag: in Entscheidungen, Prioritäten, Fehlerkultur. Wer hier verlässlich ist, schafft eine Kultur, in der Menschen bereit sind, ihr Bestes zu geben.

Selbstbild vs. Fremdbild: Warum Feedback unverzichtbar ist

Viele Chefs verlassen sich – wie bereits erwähnt – auf ihr Bauchgefühl. Das kann gut gehen, täuscht aber öfter, als man glauben mag. In der Praxis erlebe ich regelmäßig, dass Führungskräfte sich selbst und die Kollegen deutlich besser einschätzen als ihre Mitarbeiter das tun. Das ist menschlich. Genau deshalb braucht es strukturiertes Feedback.

Hilfreich sind einfache, wiederkehrende Formate. Es gibt verschiedene Möglichkeiten: kurze Puls-Checks im Team, 360-Grad-Feedbacks oder moderierte Feedback-Gespräche. Führungskräfte können auch selbst aktiv werden und Feedback durch ihre Mitarbeiter einfordern bzw. es sich wünschen. Entscheidend ist die Haltung: Feedback ist keine Strafe, sondern – gut gemacht – Chance zur kontinuierlichen Weiterentwicklung.

Führung systematisch entwickeln: Vom Leitbild zum Alltag

Aus meiner Erfahrung bewährt sich ein Vorgehen in drei Schritten:

  1. Führungsleitbild erarbeiten
    Gemeinsam mit Geschäftsführung und Führungsteam definierst du, was „gute Führung“ bei euch bedeutet – entlang der vier Felder: fachlich, organisatorisch, menschlich, wertorientiert. Kein Hochglanz-Poster, sondern ein klares, passendes Bild. Partizipativ erarbeitet, damit Akzeptanz entsteht.
  2. Leitlinien konkret machen
    Aus dem Leitbild werden wenige, klare Aussagen für den Alltag formuliert. Hier nur eine beispielhafte Liste:

    • „Wir setzen klare Ziele und geben regelmäßiges Feedback.“
    • „Wir delegieren mit Verantwortung, übertragen notwendige Entscheidungskompetenzen an die Mitarbeiter und schaffen Transparenz über Zuständigkeiten.“
    • „Wir kennen unsere Vorbildfunktion, leben unsere Werte, gerade auch bei schwierigen Entscheidungen.“
    • Leitlinien übersetzen Werte in beobachtbares Verhalten und liefern Kriterien für Feedback und Entwicklung.
  3. Feedback & Entwicklung verankern
    Selbst- und Fremdbild abgleichen: z. B. kurze anonyme Umfragen für ein ausführliches Feedback pro Führungskraft von Mitarbeitern, Kollegen auf gleicher Ebene und der Geschäftsführung. In seltenen Fällen werden sogar relevante Kunden eingebunden. Das ist nicht immer ganz einfach, kann sich aber lohnen. Die Ergebnisse werden vertraulich ausgewertet und an die Führungskraft kommuniziert. Sie decken mögliche blinde Flecken auf dienen der Führungskraft als Anhaltspunkt  für die weitere Entwicklung. Darüberhinaus können Entwicklungsmaßnahmen festgelegt werden, die z. B. in Coachings oder geeigneten Trainings (Gesprächsführung, Delegation) münden. Wichtig ist die Vorbildfunktion: Wenn die Geschäftsführung Lernen sichtbar macht, ziehen alle leichter mit.

Fazit: Bewusste Führungskultur zahlt sich aus

Führung sollte auch in KMU und Familienunternehmen kein Zufallsprodukt mehr sein. Eine kluge Vorgehensweise, die mit kleinem Aufwand zu einer klaren und gelebten Führungskultur führt ist ein Wettbewerbsvorteil, weil Entscheidungen konsistenter werden, Zusammenarbeit einfacher wird und die Leistung stabiler. Mitarbeitende wissen mehr, woran sie sind. Das schafft Orientierung, Motivation und Engagement.

Meine Überzeugung: Persönliches Wohlbefinden und wirtschaftlicher Erfolg bedingen einander. Gute Führung bringt beides zusammen. Ich habe als Geschäftsführer erlebt, wie stark sich das auswirkt. Deswegen mein Appell: Nimm Führung bewusst in die Hand. Schon wenige investierte Euro und einige Stunden pro Woche machen einen großen Unterschied. Wer den Mut hat hinzuschauen, Feedback einzuholen und an sich sowie gemeinsam mit anderen zu arbeiten, wird mit Führung belohnt, die das Unternehmen langfristig auf der Erfolgsspur hält.

Führung als Prozess verstehen

3 Schritte, die eine Führungskraft kennen sollte

  • Führung verstehen und bewusster gestalten
  • Die häufigste Falle umgehen, in die viele Führungskräfte tappen
  • Ein Prozess, der in jeder Führungssituation weiterhilft. Ob Selbstführung, Team- oder Unternehmensführung.

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